Tierarten und ihre Lebensräume

Die Lebensräume der Gipssteinbrüche sind von zahlreichen Tiergruppen bewohnt, Wildtiere äsen hier, die Vögel aus Wald und Feldflur finden in den schon stärker bewachsenen Flächen gute Lebensbedingungen. Doch nicht diese ohnehin häufigen Arten sind es, die Gipssteinbrüche bemerkenswert machen. Alle eher extremen Lebensräume – solche mit großer Wärme, großer Trockenheit, austrocknend und überflutend, Hänge in Rutschung begriffen, Steilwände in Erosion – fordern die Spezialisten der Tiere heraus und bieten gerade ihnen Überlebens- und Ausbreitungsmöglichkeiten.

Westliche Beißschrecke (Platycleis albopunctata)Gewässer sind hier ein gutes Beispiel – sowohl die austrocknen – den als auch die permanent Wasser führenden, aber immer solche mit ausgeprägten Flachwasserzonen. Auch völlig unbewachsen werden sie schnell durch alle möglichen flugfähigen Wassertiere, darunter neben Käfern, Wanzen und die mit ihnen ankommenden Schnecken auch von auffälligen Libellen, besiedelt. Erstbesiedler sind Plattbauch (Libellula depressa), Becher-Azurjungfer (Eneallagma cyathigerum) und Vierfleck (Libellula quadrimaculata), aber auch die deutlich seltenere und im Bestand gefährdete Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio), die sogar Fahrspuren besiedeln kann, aber nach 2 bis 3 Jahren schon wieder verschwindet und neue Gewässer sucht. Ähnliches gilt für den Südlichen Blaupfeil (Orthethrum brunneum) und die Winterlibelle (Sympecma fusca), die dicht bewachsene Gewässer meidet. Je mehr Pflanzen hinzukommen, desto mehr Arten können im und am Gewässer siedeln.

Königslibellen und Prachtlibellen sind die auffälligsten. Bei ihrem Eintreffen ist aber die Pechlibelle meist schon nicht mehr vor Ort.

Ebenfalls an diesen Gewässern sind viele Amphibienarten, so Berg-, Teich- und Kammmolch, Erdkröten, Gras- und Wasserfrösche, zu beobachten, die auch in anderen Teichen siedeln. Überwiegend in Abbaustellen ist der noch häufiger anzutreffende Laubfrosch (Hyla arborea) zu finden. Er bevorzugt übersichtliche, eher kleine Gewässer mit lockerem, noch niedrigem Weidenaufwuchs, da die Jungtiere viel Sonne benötigen. Kreuzkröten (Bufo calaminta) und manchmal auch die seltenere Wechselkröte (Bufo viridis) sind in den wenig bewachsenen Steinbruchbereichen vorhanden. Sie benötigen schütter bewachsene, lockere, sandige Böden und flachgründige Tümpel, Pfützen und Fahrspuren.

 

Auch im Trockenen sind die offenen, nur schütter bewachsenen Flächen Heimstätte für Spezialisten. Die große Gruppe der Käfer ist überall mit seltenen und auch häufigen Arten zu finden. Besonders auffallend sind aber die Sandlaufkäfer – grünmetallen schimmernde, sehr schnell laufende und surrend fliegende Tiere, die vegetationsarme, warme Halden bewohnen. Sie besitzen auffallend schön gezeichnete Flügeldecken.

Schwalbenschwanz (Papilio machaon)Unter den Heuschrecken sind es besonders die seltenen Ödlandschrecken, so die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens), die die heißen, vegetationsarmen Sohlen und Halden bewohnen. Säume und Langgrasbereiche besiedelt die Zweifarbige Beißschrecke (Metrioptera bicolor). In den Gehölzrändern leben Sichelschrecke (Phaneroptera falcata) und Westliche Beißschrecke (Pholidoptera griseoaptera). Die gleichen Bereiche sind auch von diversen Schmetterlingsarten bevölkert, besonders die Falter saugen zahlreich an den blütenreichen Beständen. Die allgemein verbreiteten Weißlinge der Gattung Pieris, Tagpfauenauge (Inachis io), Ochsenauge (Maniola jurtina) oder der über die Alpen ziehende Distelfalter (Cynthia cardui) und Admiral (Vanessa atalanta) sind ebenso gut zu beobachten wie seltene Arten. Der Perlmuttfalter (Clossiana frabriciana), der Komma-Dickkopffalter (Hesperia komma), das rotbraune Ochsenauge (Maniola tithonus), der Kleine Schlehen-Zipfelfalter (Satyrium acaciae) oder das Esparsetten-Widderchen (Zygaena carniolica) und Beilfleckwidderchen (Zygaena loti) sind alle gefährdete oder stark gefährdete Arten, die sich in Abbaustätten vermehren können.

Die trockenen, steinigen Bereiche sind ebenso Lebensstätte von Wirbeltieren. Schlangen, Eidechsen und Schleichen bewohnen warme Schutthalden, Steinhaufen und Sohlen verschiedenster Vegetationsdeckung. Im Gipsabbau wurden Ringelnattern, Kreuzottern, Zauneidechsen und Blindschleichen mehrfach beobachtet.

Die Steilwände sind Brutstätten und Ansitzwarten für Greifvögel wie Bussard oder Rotmilan, aber auch von Uhu und Wanderfalke. In den Gebüschen am Rande der Freiflächen und den kleinen Wäldchen siedeln viele Singvögel, auch seltenere Arten wie Neuntöter, Braunkehlchen und Kernbeißer. Am Boden in den Säumen und Langgrasfluren kommen Rebhuhn und Wachtel vor.

Wildtiere wandern wegen der geringen Störungen in die Abbaustätten hinein. Steinbrüche sind aufgrund ihrer Abgeschiedenheit gute Jagdhabitate mit reichhaltigen Beutepopulationen.

Der Insektenreichtum und die zahlreichen Höhlen, Spalten und Klüfte bedingen das häufige Auftreten von Fledermäusen, die entweder aus den umgebenden Siedlungen und Wäldern kommend die Flächen als Jagdhabitat nutzen oder bei Vorhandensein von Stollen oder Gesteinsspalten sogar große Winterpopulationen beherbergen. Durch Vergrößerung der Spalten kann manchen Arten so mehr Lebensraum geboten werden.