Bild Naturgips im HarzDas Ellricher Spezialgips-Unternehmen CASEA GmbH, ein Tochterunternehmen der Remondis-Gruppe, beabsichtigt, die unterbrochene Rohstoffgewinnung aus der Lagerstätte Rüdigsdorf/Winkelberg (Landkreis Nordhausen), früherer Gips-Tagebau „Rüdigsdorf“, wieder aufzunehmen und das insoweit eingeleitete Verfahren fortzuführen. Dazu wird am 28. Oktober 2015 durch das Thüringer Landesbergamt eine ergänzende Antragskonferenz („Scoping-Termin“) durchgeführt, um Gegenstand und Inhalt der vorgesehenen Prüfung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens mit den für die Region zuständigen Behörden, Verbänden und Versorgungsträgern zu erörtern.

Die Rechtsvorgängerin des Unternehmens hatte im Jahr 1991 die Bergbauberechtigung (Bergwerkseigentum) an der Lagerstätte von der Treuhand erworben. Diese umfasst eine Gesamtfläche von etwa 42 Hektar. Den Bestrebungen, einen Teil dieser Fläche als Naturschutzgebiet auszuweisen, kam das Unternehmen entgegen und einigte sich mit dem Freistaat Thüringen 1997 in einem bis heute gültigen „Gipskompromiss“ darauf, den Gipsabbau am Winkelberg auf 18 Hektar zu konzentrieren. Nach einer gemeinsam durchgeführten Flächenabgrenzung wurden ca. 24 Hektar unter Naturschutz gestellt, und 18 Hektar als Abbaugebiet bestätigt. Diese Einigung wurde u.a. auch in dem Regionalen Raumordnungsplan Nordthüringen 1999 berücksichtigt.

Für den geplanten Abbau legt das Unternehmen größten Wert auf ein umweltschonendes Vorgehen mit sukzessiver Renaturierung. „Unsere Planungen sind so ausgelegt, dass in ausgeschöpften Abbaufeldern vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen neu entwickelt werden können“, sagt Dr. Alfred Schiffer, Geschäftsführer der CASEA GmbH in Ellrich. „Dass dies möglich ist, zeigen die vielen bereits renaturierten Gipssteinbrüche auch im Harz, die bevorzugtes Ziel von Naturfreunden sind“. Auch den Abbau wird das Unternehmen sorgfältig planen. Dr. Schiffer: „Wir werden alles tun, um erhebliche Belastungen der Anwohner von Rüdigsdorf und von Petersdorf sowie entlang der erforderlichen Transportstrecken durch diesen Abbau zu vermeiden.“

Hintergrund des Vorhabens ist der Umstand, dass die bisher genutzte Lagerstätte im Bergwerkseigentumsfeld Appenrode/Rüsselsee spätestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 erschöpft sein wird.  Eine Erweiterung dieses Abbaufeldes wäre von der Qualität des Gesteins her zwar denkbar. Jedoch stehen die dazu benötigten Flächen angesichts rechtlicher und faktischer Hürden nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung. Aufgrund der bestehenden zwingenden Qualitätsanforderungen für die Herstellung von Spezialgipserzeugnissen ist die CASEA GmbH zur Fortführung und zum Erhalt des Spezialgipswerkes Ellrich deshalb darauf angewiesen, die benötigten hochwertigen (hochreinen) Naturgipse aus der Lagerstätte Rüdigsdorf/Winkelberg zu gewinnen. Diese Spezialgipserzeugnisse für keramische, medizinische, lebensmitteltechnische, künstlerische und bautechnische Anwendungen machen zwei Drittel der Produktion des Werkes Ellrich aus.

Eine besondere Rolle spielt dabei die hohe Qualität des Sangerhäuser Anydrits, in dem sich die Lagerstätte befindet. Dabei lässt sich die stoffliche Qualität des hochwertigen Naturgipses auch durch den Einsatz von Gips aus der Rauchgasentschwefelung („REA-Gips“) nicht ersetzen. Sofern es jedoch auf die besondere stoffliche Qualität nicht ankommt, nutzt die CASEA GmbH REA-Gipse bereits in hohem Umfang. „Allerdings geht das bundesweite Angebot an REA-Gips zurück, das wird sich durch die Schließung von Kohlekraftwerken weiter verstärken“, stellt Dr. Schiffer fest. Auch bei der Gewinnung von Recycling-Gipsen in einem Schwesterunternehmen der CASEA GmbH in Leipzig sei man sei man mit dem „Know how“ an der Spitze der Entwicklung. Allerdings kann der Recycling-Gips aufgrund der mit dem Recycling bisher lediglich erreichbaren Qualität nur in Gipsprodukten mit geringeren Qualitätsanforderungen verwendet werden und nicht für die Herstellung von Spezialgipsen.

Im zeitlichen Anschluss an den Scoping-Termin werden auch die Anwohner des Abbaufeldes am Winkelberg sowie die betroffene Öffentlichkeit insgesamt über Art und Umfang des geplanten Vorhabens, seine Umsetzung sowie voraussichtliche Auswirkungen unterrichtet werden. Dazu wird das neue Instrument der „frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung“ genutzt, einschließlich einer Diskussionsveranstaltung (Erörterung). Auf eine umfassende Information legt die CASEA GmbH großen Wert. „Es bestehen viele vorgefasste und letztlich unbegründete Ängste und Vorurteile, die wir gerne aufklären und mindern würden“, sagt Dr. Schiffer.

Zu diesem Zweck wird das Unternehmen auch den Naturschutzverbänden intensive Gespräche anbieten, um sie in Lösungen mit einzubeziehen.  „Es ist ja nicht so, dass uns der Schutz von Natur und Landschaft nicht am Herzen liegt. Deshalb bin ich sicher, dass wir unabhängig von den durch das Verfahren ohnehin veranlassten naturschutzfachlichen Kompensationsmaßnahmen weitere Projekte gemeinsam in Angriff nehmen könnten, die ein Gewinn für die Natur und die Region sind.“

Das Spezialgipswerk in Ellrich ist von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Region. 60 Arbeitnehmer arbeiten direkt in Ellrich, das Werk sichert darüber hinaus mindestens weitere 120 Arbeitsplätze in der Region. Zur dadurch erzeugten jährlichen Lohnsumme von mehr als sechs Millionen Euro kommen zahlreiche direkte und indirekte Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe sowie Steuerzahlungen hinzu. Insgesamt sind im Bereich des thüringischen Südharzes gegenwärtig weit mehr als 1000 Arbeitnehmer vom Gipsabbau abhängig.