Der Beschluss des Kreistages vom 24. März 2015, die Landkreisverwaltung mit der Einrichtung eines Runden Tisches „Südharzer Zechsteingürtel“ zu beauftragen, ist ein Schritt der Vernunft. CDU und Linke sind ihn im Schulterschluss gegangen, ein Ausweis verantwortungsvoller Politik. Die erkennt man ja nicht daran, dass sie Emotionen schürt, sondern dass sie Befürchtungen und Fakten nebeneinander legt und schließlich rationale Entscheidungen trifft. Themen gibt es für diesen Runden Tisch genug: Natürlich sind dort Fragen umweltschonenden Abbaus und der Renaturierung wichtig, aber eben auch die Sorgen Arbeitnehmer, die von der Gipsindustrie im Südharz abhängig sind und die Möglichkeiten der Unternehmen, weiterhin hier verantwortungsvoll Gipsabbau betreiben zu können.

Erstaunlich ist, dass die SPD sich einer solchen Politik der Vernunft nicht anschließt. Wem die stolze Vergangenheit der SPD als Arbeitnehmerpartei bekannt ist, den muss es wundern, dass die SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Becker sich über Arbeitnehmerinteressen so leicht hinwegsetzt.  Wer ständig über Arbeitsplatzgefährdungen rede, der solle endlich Zahlen offenlegen, sagt Frau Becker. Die könnte sie längst kennen, sie finden sich ausführlich auf dieser website (siehe Fragen und Antworten). Kurzfassung: Etwa eintausend Arbeitsplätze sind von der Gipsindustrie abhängig, das ist eine jährliche Lohnsumme von 35 Millionen Euro. Hinzu kommen viele Millionen jährlicher Investitionen. Und aus diesen Löhnen und Investitionen resultieren Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften im zweistelligen Millionenbereich. Ist das alles nichts für die SPD?

Ein runder Tisch, sagen die Gegner wie Frau Becker, mache keinen Sinn, denn es sei zur Sache 2013 alles beschlossen. Und das Unternehmen Casea rufe doch nur „nach neuen Zugeständnissen“. Zum einen: Zur Sache ist nicht alles beschlossen. Wenn dem Unternehmen Saint-Gobain Formula selbst jene Flächen vorenthalten werden, die es für naturaufbauende vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen braucht, dann ist das ein politisch organisierter Anschlag auf die Natur. Zum anderen: CASEA will keine „neuen Zugeständnisse“, sondern möchte, dass sich alle Beteiligten an den „Gipskompromiss“ von 1997 halten, der die Abbaurechte aus dem 42 Hektar großen Bergwerkseigentum der CASEA am Winkelberg auf 18 Hektar begrenzt hatte und den größeren Gebietsteil von 24 Hektar ins Naturschutzgebiet einbezog. (Mehr dazu: siehe „Fragen und Antworten“ auf dieser Webseite.) Pacta sunt servanda – das muss auch gelten, wenn Regierungen wechseln.