Dialog auf Augenhöhe
Die Zukunft des Spezialgipswerkes in Ellrich und seiner Arbeitsplätze hängt von der Erschließung neuer Gipsvorkommen ab. Deshalb hat das Unternehmen CASEA die Absicht, den Gipsabbau am Winkelberg wieder aufzunehmen, da sich Alternativen dazu nicht anbieten bzw. erschwert wurden.
Solche Vorhaben müssen transparent gehandhabt werden, damit die Bürger sachlich genau informiert sind und sich keine unbegründeten Ängste bilden. Zunächst wird – da es sich um ein bergrechtliches Verfahren handelt – das Projekt dem Landesbergamt und anderen Beteiligten in seiner Konzeption ausführlich vorgestellt. Das geschieht im so genannten „Scoping-Termin“, der am 12. November stattfinden wird. Dann gilt es, die Öffentlichkeit frühzeitig zu informieren – das wird am Freitag, den 27. November sein, und zwar um 16 Uhr im Gasthof „Zum Sachswerfener Handwagen“ in Harztor.
CASEA legt auf diese Transparenz als Unternehmen großen Wert. Andererseits ist ein Unternehmen zu solcher Transparenz auch verpflichtet. Die „frühe Öffentlichkeitsbeteiligung“ beispielsweise ist seit 2013 im Verwaltungsverfahrensgesetz verankert. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde mitgeteilt werden.
Zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung werden rechtzeitig vor dem Termin Informationen zur Verfügung gestellt, die die Ziele des Vorhabens, die erforderlichen Mittel und die voraussichtlichen Auswirkungen umfassen. Auch wird ein Dialogprozess mit der Öffentlichkeit skizziert werden, denn der Austausch von Informationen und die Beantwortung von Fragen soll kein einmaliger Prozess sein. In einem Kommentar zu diesem Verfahren heißt es, man solle die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung „auf eine Art und Weise durchführen, die die Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe einbezieht und als Partner wertschätzt.“
So will es auch CASEA halten.
Verlässliche Versprechen
Beim Ellricher Gips-Unternehmen CASEA GmbH weiß man, dass man sich mit dem Vorhaben, den Gipsabbau am Winkelberg wieder aufzunehmen, nicht nur Freunde macht. Umso ernster muss man die Absicht von CASEA nehmen, den Abbau möglichst naturschonend und umweltverträglich und ohne bedeutende Belastungen für die Anlieger zu gestalten. Darauf können sich Anwohner und Politiker verlassen.
In den letzten Jahrzehnten ist das Unternehmen, das am Winkelberg das notwendige Bergwerkseigentum besitzt, dem Umweltgedanken schon weit entgegengekommen, als es die vorgesehene Abbaufläche von 42 auf 18 Hektar reduzierte und den Rest in den Naturschutz gab. Das war ein Kompromiss mit dem Land Thüringen, der bis heute gilt.
Andere Flächen stehen nicht (mehr) zur Verfügung. Die Erweiterung Rüsselsee wäre vom Vorkommen an reinem Gips möglich, aber rechtliche, faktische und politische Hindernisse machen ein solches Vorhaben unrealistisch, schon angesichts der Sperrgrundstücke, die dort etwa vom BUND angekauft wurden.
Zu den Gegenargumenten gehört der Vorschlag, den Gipsbedarf doch aus anderen Ländern Europas zu decken. Genau diesen Rohstoff-Kolonialismus will der deutsche Gesetzgeber aber zu Recht verhindern und schreibt deshalb die Rohstoffgewinnung im eigenen Lande vor. Dass er naturschonend sein muss, versteht sich von selbst.
Ein anderes Argument hat man dem Betriebsrat geschrieben, das frank und frei lautet: Dann muss das Werk in Ellrich eben schließen. Das geht darüber hinweg, dass das Spezialgipswerk in Ellrich von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Region ist.
60 Arbeitnehmer arbeiten direkt bei CASEA in Ellrich, das Werk sichert darüber hinaus mindestens weitere 120 Arbeitsplätze in der Region. Zur dadurch erzeugten jährlichen Lohnsumme von mehr als sechs Millionen Euro kommen zahlreiche direkte und indirekte Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe sowie Steuerzahlungen hinzu. Insgesamt sind im Bereich des thüringischen Südharzes gegenwärtig weit mehr als 1000 Arbeitnehmer vom Gipsabbau abhängig.
Das ist eine eher vorsichtige Schätzung – die wahre wirtschaftliche Bedeutung des Gipsabbaus im thüringischen Südharz wird eine unabhängige Untersuchung ergeben, die gegenwärtig vom renommierten Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin erstellt wird.
Und immer gilt: Gipsgewinnungsgebiete, die ausgeschöpft sind, werden renaturiert und ohne Schäden etwa im Grundwasser oder durch Chemikalien an die Natur zurückgegeben. Das kann nicht jeder Rohstoffabbau von sich sagen.
Angst um Arbeitsplätze
Wenn Arbeitnehmer Angst um ihre Arbeitsplätze haben, wenden Sie sich an die Politik. Das war schon immer so in der deutschen Industriegeschichte, und es handelt sich um ein völlig legitimes Mittel. Nicht immer kann die Politik helfen, weil die zugrundeliegenden Veränderungen nicht in ihrer Macht stehen. Im Falle des Gipsabbaus in Thüringen ist das anders: hier bestimmt alleine die Politik, was geht und was nicht.
So auch im Falle der CASEA in Ellrich, deren Betriebsrat sich jetzt an die Öffentlichkeit gewendet hat (siehe Artikel dazu). Die gegenwärtig im Abbau befindlichen Lagerstätten, die dem Werk in Ellrich die Existenz sichern, werden in wenigen Jahren erschöpft sein. Deshalb steht an, den Abbau am Winkelberg wieder aufzunehmen auf einem Gebiet, das – in einem „Gipskompromiss“ mit dem Land Thüringen im Jahre 1997 – dafür festgelegt wurde. Es handelt sich um 18 Hektar aus einem gesamten CASEA-Bergwerkseigentum von 42 Hektar, die restlichen 24 Hektar wurden vereinbarungsgemäß unter Naturschutz gestellt.
Dass der Kompromiss verlässlich sein muss, ist nur ein Argument dafür, dass seitens der Politik dieser Abbau nun auch möglich gemacht werden sollte. Wesentlicher ist, dass ein Gipsabbaufeld stets zwar umgestaltet, aber ohne irgendeinen Schaden an die Natur zurückgegeben wird und daraus stets Biotope mit vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten entstehen. Auch Menschen nehmen – wenn der Abbau gut und nach allen Regeln der Emissions- und Immissionsvermeidungs-Kunst geplant wird – keinerlei Schaden.
Gips zählt zu den notwendigen Rohstoffen eines Landes. Auch das muss man mit bedenken. Thüringen hat davon qualitativ reichlich, und die wenigen Abbaufelder sind ein winziger Bruchteil der großartigen Natur Thüringens – und renaturiert sind sie am Ende eher ein Nutzen für die Natur als ein Schaden. Das alles sollten Politiker bedenken und nicht immer sofort denen folgen, die den lautesten Lärm veranstalten. Auch hinter solchem Protest stecken oft versteckte Interessen.