Deutscher Rohstoffimperialismus

Auf den zweiten Blick ist oft nichts mehr so, wie es auf den ersten Blick scheint. So auch bei den Plänen des SPD-Bundesenergieministers Gabriel, CO2 in Deutschland dadurch einzusparen, dass er Braunkohlekraftwerke zur Schließung zwingt.

Denn der Strom, der daraus zur sicheren Versorgung von Industrie und Verbrauchern gewonnen wird, ist unverändert nötig. Er wird dann, da die heimischen Windräder nicht genug hergeben, aus dem europäischen Stromnetz gewonnen – aus Kohlekraftwerken in Polen und Tschechien oder aus Kernkraftwerken in Frankreich.

Das ist eine Politik nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!“. Man könnte es auch boshafter formulieren: Es handelt sich um Rohstoffimperialismus. Weil wir es uns leisten können, verzichten wir auf die heimische Rohstoffnutzung und kaufen uns die Rohstoffe anderswo, und zwar ausgerechnet auch noch dort, wo die Umweltvorschriften für die Rohstoffgewinnung weitaus weniger streng sind als hierzulande. Zu diesem Zweck schließen wir, mit prall gefülltem Geldbeutel der reichsten Volkswirtschaft Europas, Rohstoffabkommen mit jenen Ländern, die auf den Verkauf ihrer Rohstoffe angewiesen sind.

Das machen wir so bei der Kohle, auf deren Förderung wir keine Lust mehr haben und die nun, beispielsweise, aus der Mongolei kommt. Das machen wir so beim Gas, das wir aus Russland und Norwegen kaufen, weil wir uns mit dem Fracking nicht rational auseinandersetzen wollen. Das machen wir so beim Öl. Das machen wir bei der Kernkraft so, deren Strom wir künftig aus anderen europäischen Ländern, Frankreich zuvörderst, importieren. Die Liste ließe sich fortsetzen. Und auch beim Gips wollen es die Politiker offenbar so machen.

Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus. Das würde deutlich, wenn man die Umweltbilanz, die wir entlang deutscher Grenzen abstecken, einmal ausweiten würde auf unsere Lieferländer. Mancher deutsche Politiker hätte dann kein ökologisch reines Gewissen mehr könnte dann wohl mehr so gut schlafen wie gegenwärtig.

Deutscher Rohstoffimperialismus2015-04-20T18:29:38+02:00

Ein Schritt der Vernunft

Der Beschluss des Kreistages vom 24. März 2015, die Landkreisverwaltung mit der Einrichtung eines Runden Tisches „Südharzer Zechsteingürtel“ zu beauftragen, ist ein Schritt der Vernunft. CDU und Linke sind ihn im Schulterschluss gegangen, ein Ausweis verantwortungsvoller Politik. Die erkennt man ja nicht daran, dass sie Emotionen schürt, sondern dass sie Befürchtungen und Fakten nebeneinander legt und schließlich rationale Entscheidungen trifft. Themen gibt es für diesen Runden Tisch genug: Natürlich sind dort Fragen umweltschonenden Abbaus und der Renaturierung wichtig, aber eben auch die Sorgen Arbeitnehmer, die von der Gipsindustrie im Südharz abhängig sind und die Möglichkeiten der Unternehmen, weiterhin hier verantwortungsvoll Gipsabbau betreiben zu können.

Erstaunlich ist, dass die SPD sich einer solchen Politik der Vernunft nicht anschließt. Wem die stolze Vergangenheit der SPD als Arbeitnehmerpartei bekannt ist, den muss es wundern, dass die SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Becker sich über Arbeitnehmerinteressen so leicht hinwegsetzt.  Wer ständig über Arbeitsplatzgefährdungen rede, der solle endlich Zahlen offenlegen, sagt Frau Becker. Die könnte sie längst kennen, sie finden sich ausführlich auf dieser website (siehe Fragen und Antworten). Kurzfassung: Etwa eintausend Arbeitsplätze sind von der Gipsindustrie abhängig, das ist eine jährliche Lohnsumme von 35 Millionen Euro. Hinzu kommen viele Millionen jährlicher Investitionen. Und aus diesen Löhnen und Investitionen resultieren Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften im zweistelligen Millionenbereich. Ist das alles nichts für die SPD?

Ein runder Tisch, sagen die Gegner wie Frau Becker, mache keinen Sinn, denn es sei zur Sache 2013 alles beschlossen. Und das Unternehmen Casea rufe doch nur „nach neuen Zugeständnissen“. Zum einen: Zur Sache ist nicht alles beschlossen. Wenn dem Unternehmen Saint-Gobain Formula selbst jene Flächen vorenthalten werden, die es für naturaufbauende vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen braucht, dann ist das ein politisch organisierter Anschlag auf die Natur. Zum anderen: CASEA will keine „neuen Zugeständnisse“, sondern möchte, dass sich alle Beteiligten an den „Gipskompromiss“ von 1997 halten, der die Abbaurechte aus dem 42 Hektar großen Bergwerkseigentum der CASEA am Winkelberg auf 18 Hektar begrenzt hatte und den größeren Gebietsteil von 24 Hektar ins Naturschutzgebiet einbezog. (Mehr dazu: siehe „Fragen und Antworten“ auf dieser Webseite.) Pacta sunt servanda – das muss auch gelten, wenn Regierungen wechseln.

Ein Schritt der Vernunft2015-03-27T07:31:16+02:00

Zusagen der Politik – verlässlich?

Was sind staatliche Zusagen wert? Diese Frage stellt sich nicht nur in der „großen Politik“, etwa in der Debatte um Griechenland, sondern auch hier in Thüringen. Um die Weiterführung des Gipsbergwerkes am Winkelberg – damals im Bergwerkseigentum von Heidelberg Zement, heute im Besitz der Casea –  gab es schon in den 90er Jahren Auseinandersetzungen. Die damalige Landesregierung hat diese Frage einer Lösung zugeführt: Man vereinbarte schriftlich, von den 42 ha Bergwerkseigentum nur 18 Hektar zum Abbau zu nutzen.  Diese im „Gipskompromiss“ von 1997 ausgewiesene Teilfläche von 18 ha der insgesamt 42 ha Bergwerkseigentum wurde in Abstimmung mit dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt für eine Gipsgewinnung einvernehmlich vorgesehen (Auszug aus dem bewilligenden Schreiben des Ministeriums vom 19.3.97: „Die konkrete Abgrenzung der für eine Gipsgewinnung vorgesehenen Fläche im Bereich des Bergwerkseigentums Winkelberg wird in der vereinbarten Größenordnung von ca. 18 ha Fläche im Rahmen einer gemeinsamen Geländebegehung durch die zuständigen Behörden unter Beteiligung von Vertretern der Fa. Heidelberg Zement AG am 10.3.1997 festgelegt.“). So geschah es.

Im Gegenzug wurde auf eine Gewinnung in den restlichen 24 ha seitens des damaligen Eigentümers Heidelberger Zement verzichtet. Diese Einigung war die Grundlage der nachfolgenden Ausweisung des Naturschutzgebietes „Rüdigsdorfer Schweiz“. Die potentielle Abbaumenge pro Jahr beträgt 80.000-100.000 Tonnen pro Jahr. Die Fläche würde für ca. 50 Jahre Abbau reichen, und sie lässt sich faktisch und optisch naturschonend durchführen.

Nun wird die Frage und damit die Vallones des „Gipskompromisses“ für Casea aktuell, denn die abbauwürdigen Vorkommen in den bisherigen Gipssteinbrüchen gehen zur Neige. Jetzt muss sich erweisen: Welchen Wert haben Zusagen einer Landesregierung? „Pacta sunt servanda“ – gilt das auch in Thüringen? Die Antwort auf diese Frage betrifft alle, die mit dem Staat Verträge schließen – sie greift tief in die Prinzipien unseres Rechtsstaates hinein.

Zusagen der Politik – verlässlich?2015-03-24T09:08:34+02:00

Die Kirchen und der Gips

Das Kirchenparlament des Kirchenkreises Südharz hat sich gegen die „Zerstörung“ der Natur durch den Gipsabbau ausgesprochen. Wenn man den Gipsabbau schon aus christlicher Perspektive in den Blick nimmt, würden etwas mehr Überlegung, historische Kenntnis und Rücksichtnahme auf die Arbeitnehmer der Region hilfreich gewesen sein.

Dass der Gipsabbau die Natur „zerstört“, ist wahr und unwahr zugleich. Der „Zerstörungsphase“ folgt eine Phase der Rekultivierung hin zu einem neuen Naturzustand, der meist wegen seiner Biotop-Eigenschaften auch unter Naturschutz gestellt wird. Das Gebiet wird der Natur zurückgegeben. Es handelt sich also um eine Umgestaltung der Natur zum Zwecke der Ressourcengewinnung, die aber (wenn sie gut gemacht ist) für sich das Siegel der Nachhaltigkeit in Anspruch nehmen kann. Wenn sich der Kirchenkreis schon auf dieses Feld begibt: Wo ist sein Protest gegen jedes neue landschaftsverbrauchende Baugebiet? Gegen neue Straßen, Brücken, Parkplätze, Gewerbegebiete? Gegen grundwassergefährdende Landwirtschaft?

Dahinter steht eine Vorstellung von Natur, die mit der Moderne und mit dem Christentum wenig zu tun hat. Es war das Christentum, das die göttliche Verehrung der Natur beendete und ihre nachhaltige (also: letztlich nicht zerstörende) Nutzung für den Menschen begründete. „Pflüget die Erde“ – also: nutzt sie, gestaltet sie um – aber zerstört sie nicht. Der Kirchenvater Augustinus schrieb (De civitate Die VII,23): „Warum wollen sie (die Heiden), dass die Erde eine Göttin sei? Etwa weil sie fruchtbar ist? Warum sind dann aber nicht eher die Menschen Götter, die die Erde durch Anbau noch fruchtbarer machen? Freilich indem sie sie pflügen und nicht anbeten?“

Auch hätte man im Kirchenparlament an die mehr als tausend Menschen im Kirchenkreis denken können, denen die nachhaltige Gipsförderung Arbeit und Brot gibt und die von ihrem Einkommen oft auch Kirchensteuern zahlen. Immer wieder aber gewinnt eine Wirtschaftsfeindlichkeit Oberhand, die offenbar ihr Ziel vermutlich erst erreicht hat, wenn es keine Wirtschaft mehr gibt. Dann allerdings gibt es auch keine Arbeitsplätze mehr.

Wenn das Kirchenparlament also eine öffentliche Debatte darüber angemahnt hätte, wie sich Gipsabbau und Natur in einen nachhaltigen Einklang bringen lassen – man hätte gerne zugehört und wäre gefolgt. Diese Stellungnahme aber war niemandem hilfreich.

Die Kirchen und der Gips2015-03-23T07:35:08+02:00
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